Palmen, Party, Implantate
FM4.orf.at – Es gibt Gründe genug, warum Menschen beim Weggehen gehörigen Wert auf Anonymität legen. Und zur Kontroverse Datenschutz vs. Überwachung werden Awards vergeben und Diskussionen geführt, dass es eine Freude ist. Ein Club in Rotterdam geht den umgekehrten Weg und steckt seinen Gästen Mikrochips als Bargeldersatz und VIP-Ausweis unter die Haut.
Der Baja Beach Club ist eine Diskothek der (bemüht) besonderen Sorte in der Rotterdamer Innenstadt, die raue Außenwelt aus Hochhäusern und nebliger Hafenstimmung wird konterkariert durch die surreal anmutende Einrichtung im Inneren des Clubs: Kokospalmen – fast so hoch wie die Kräne am nahen Hafen – und ein acht Meter langes Speedboot dienen als Blickfang. Das Baja ist eine auf Strandparty getrimmte Großraumdisko mit entsprechender Musikbeschallung, Junggesellen- und Geburtstagsspecials sollen die Kundschaft bei Laune halten. Wer’s mag …
So, wie viele Clubs dieser Art, ist auch das Baja starker Konkurrenz ausgesetzt, das Publikum verlangt Attraktionen, es will ja schließlich unterhalten werden und kommt nicht unbedingt einer einzigartigen Musikauswahl wegen. Die Betreiber denken jedenfalls ständig nach, wie sie ihren Club am effektivsten mit Menschen füllen können, sprich: was ihre Hütte unique macht. Der Baja Beach Club ist jedenfalls kurzfristig ziemlich einzigartig in den Niederlanden, eben nicht etwa der DJs oder der Location wegen, vielmehr wegen eines Reiskorn-großen Implantats, das seit Anfang Oktober direkt vor Ort in die wohlgeformten Oberarme der willigen Gäste gesteckt wird.
1000 Euro und zwei Nadelstiche kostet der Spaß, nach erfolgter Mini-Operation, samt Betäubung durch einen extra engagierten Arzt, kann die Party beginnen und Drinks im Wert von 1500 Euro können per Scanner quasi aus dem hochgekrämpelten Ärmel geschüttelt werden. Für überzeugte (und liquide) Stammgäste ohne Spritzenphobie also zumindest finanziell durchaus eine lohnende Investition. Außerdem dient der Chip im Bizeps als Eintrittskarte und VIP-Ausweis, sowohl der Dancefloor für das gemeine als auch jener für das besonders wichtige Volk steht für die bislang 35 ImplantatsträgerInnen offen.
Die Idee zum VIP-Chip haben sich die Rotterdamer Betreiber aus Südafrika geholt, wo sich Angestellte per implantiertem Chip Zugang zu ihren Büroräumen verschaffen. Auch Alzheimer-PatientInnen können angeblich mit Hilfe eines solchen Mediums im Notfall schnell und sicher identifiziert werden. KritikerInnen des Disko-Chips verweisen allerdings auf die weitläufigen Möglichkeiten des Missbrauchs und auf den Verlust der Privatsphäre der ClubberInnen.
Andererseits handelt es sich, so der Tenor der KommentatorInnen, vorerst eher um einen (ziemlich erfolgreichen) Marketing-Gag, denn um einen ernsthaften Ansatz zur Party-Überwachung. Schließlich werden die BesucherInnen ja nicht gezwungen, sich das Speichermedium in den Arm stecken zu lassen, Zutritt zur Großraumdisko gibt es nach wie vor auch auf konventionelle Weise. Und: ohne Voranmeldung geht gar nichts in Sachen OP, zumindest vor alkoholbedingten Leichtsinnstaten will man sich und die Gäste schützen. Übrigens können die implantierten VIP-Chips, sollten diskretere Zeiten anbrechen, angeblich sehr leicht wieder entfernt werden
Auf die Kölner Außenstelle der Rotterdamer Disko soll das Prinzip der VIP-Chips schon bald ausgeweitet werden, die Filiale in Barcelona hat es schon eingeführt, dort laufen auch schon die ersten paar Clubheads mit Chip im Arm herum. Glaubt man den Erfindern, könnte die Rotterdamer Idee schon bald Schule machen.
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Kategorie: Allgemein
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